Archäologie am Ganglegg

Archäologie am Ganglegg  

Blick auf Ganglegg (Hügel vorne links) und SchludernsDas Ganglegg ist ein eiszeitlicher Moränenhügel am rechtsufrigen Ausgang des Matschertales. Der Spitze des Hügels befindet sich 1143 m über dem Meeresspiegel, die Nord-, West- und Ostseite ist sehr steil abfallend, die Südseite besitzt mehrere Terrassen, an die sich ein steiler Abbruch anschließt.Die Idee zu einer archäologischen Grabung am Ganglegg wurde im Rahmen des Entwicklungsprogrammes LEADER II mit der Zusammenarbeit des Landesdenkmalamtes Bozen geboren. Da der Hügel durch Raubgrabungen und landwirtschaftliche Bebauung stark gefährdet war, startete das Landesdenkmalamt 1997 eine Notgrabung. Die Grabungen hielten bis 2001 an und wurden in großzügiger Weise von der Forststation Mals, dem Landesamt für Wasserschutzbauten und dem Verein Vintschger Museum unterstützt.   


Das Projekt "Archäologie am Ganglegg"
 
Das Projekt sah eine systematische archäologische Untersuchung der Fundstelle Ganglegg vor. Gleichzeitig dazu wurden alle Funde dokumentarisch erfaßt, gezeichnet und geordnet. Zusammen mit einem ebenfalls erstellten „Archäologischen Fundkataster Vinschgau“ bilden diese Zeichnungen und Dokumentationen die Grundlage für wissenschaftliche Arbeiten und Publikationen und stehen im Vintschger Museum zur Verfügung.
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes konnte erstmals in Südtirol eine Kuppensiedlung untersucht werden. Es handelt sich hierbei um eine befestigte Zentralsiedlung der Bronze- und Eisenzeit, wobei die vielen Importfunde weitreichende, internationale Kontakte nach Norden und Süden belegen. Erstmals in Südtirol konnten bei diesen Grabungen Befestigungsmauern der Bronze- und Eisenzeit vollständig untersucht werden.
Naturwissenschaftliche Projekte, wie die Untersuchungen an den Pflanzen- und Tierresten oder Materialanalysen an den Bronze und Keramikfunden, ergänzen die archäologischen Untersuchungen.   


Siedlungsgeschichte:

  Lappenbeil aus Bronze Bronzedolch  Bronzespiralen
Bilder: Bronzebeil - Bronzedolch - Bronzespiralen

Wenige Streufunde, wie eine Axt aus Stein oder Silexklingen belegen eine Begehung des Gangleggs bereits in der Kupferzeit.Früheste eindeutige Siedlungsspuren in Form von Häuserresten stammen aus der ausgehenden Mittel- und vor allem Spätbronzezeit (1400-1200 v. Chr.). Die ausgezeichnet konservierten Gebäudereste haben sich bis zu einer Höhe von über einem Meter erhalten. Bestechend ist vor allem die hervorragend erhaltene hölzerne Innenstruktur der Häuser, die nur angebrannt ist. Sie gibt bislang unbekannte Aufschlüsse über die Innenausstattung der Räume wie Verschläge, Boden- und Wandverkleidungen und hölzerne Gebrauchsgegenstände, aber auch über die handwerklichen Tätigkeiten der damaligen Zeit. Die einzelnen spätbronzezeitlichen Hausböden sind teilweise mit ausgezeichnet verlegten Plattenböden versehen und durch zahlreiche, für den inneralpinen Raum einzigartige Funde sehr gut datiert. Zu diesen Funden gehören Bronzewerkzeuge, Knochenschnitzereien und Gußformen. Die zahlreichen Knochenfunde geben einen Einblick in die Haustierhaltung und Zucht, während die Pflanzenreste den damaligen Bewuchs, sowohl an Kulturpflanzen als auch an Wildpflanzen, widerspiegeln.

Eine Besonderheit dieser Zeitepoche ist eine Befestigungsmauer in riesiger, zyklopenartiger Bauweise, deren Innenschale ausgezeichnet erhalten blieb. Eine bronzezeitliche Mauer diesen Ausmaßes konnte bislang im Inneralpinen Raum nicht nachgewiesen werden. Die Mauer wurde auf einer Länge von 15 m freigelegt.Die spätbronzezeitliche Siedlung am Ganglegg erhielt vor allem durch den nahe gelegenen Brandopferplatz auf dem Hahnehütter Bödele an Gewicht. Am Opferplatz konnte neben einem großen Kultgebäude die Deponie der Opferhandlungen mit den Resten tausender Opfertiere untersucht werden.

Ein gerippter bronzener Armreif aus dem 13. Jh. v. Chr.

Bild: Gerippter bronzener Armreif (13. Jh.v. Chr.)


Am Ende der Bronzezeit kommt es im inneralpinen Raum zur Ausbildung einer eigenständigen Kulturgruppe, der sogenannten Laugen-Melaun-Kultur (1200-1000 v. Chr.). Die Baustrukturen der

Laugen-Melaun-Zeit sind von jüngeren, eisenzeitlichen Baustrukturen stark gestört worden. Dennoch konnten zwei Gebäude und zahlreiche Funde ausgegraben werden. Beeindruckend sind die Importfunde aus dem Süddeutschen Raum, wie massive, gerippte Bronzearmreifen, die südlich des Alpenhauptkammes eine absolute Rarität darstellen.

Auch zu dieser Zeitepoche konnte am Ganglegg eine Befestigungsmauer nachgewiesen werden. Die Mauer liegt auf der spätbronzezeitlichen Mauer und ist noch ca. 9 m lang und teilweise 1 m hoch erhalten. Es handelt sich um eine Zweischalenmauer mit einem Durchmesser von etwas über 2 Metern. Am Ende der Bronzezeit wurde das Ganglegg und auch der Opferplatz verlassen.

Ein Teil der Befestungsanlage

Bild: Befestigungsanlage

In der späten Eisenzeit (1. Jh. v. Chr.) erlebte das Ganglegg seine letzte Blütezeit. Die Nordseite des Hügels wurde mit einer 120 m langen Befestigungsmauer gesichert, welche sich teilweise 1,7 m hoch erhalten hat und durchschnittlich 2,5 m breit war. Von dieser Befestigungsmauer ausgehend wurden Terrassierungsmauern um den Hügel gezogen und somit ebene Flächen geschaffen. Diese Terrassen wurden systematisch mit Häusern bebaut, von denen 22 untersucht werden konnten. Es handelt sich zum Teil um zweigeschossige Häuser mit aufwendigen gewinkelten Zugängen, die mit großen Steinplatten abgedeckt waren. Im Innern besaßen die Räume Holzböden, die Trockenmauern waren mit Holz vertäfelt oder mit einem Lehmgemisch verputzt.

Untergeschoss eines rätischen Gebäudes mit winkelförmigem Zugang (1. Jh. v. Chr.) Blick durch den Gang eines rätischen Hauses mit Steinabdeckung (1. Jh. v. Chr.)

Bilder: Untergeschoss eines rätischen Gebäudes mit winkelförmigem Zugang (1. Jh. v. Chr.)
Blick durch den Gang eines rätischen Hauses mit Steinabdeckung (1. Jh. v. Chr.)


Neben den aufwendig konstruierten Häusern und der Befestigungsanlage geben auch die Funde Zeugnis von der herausragenden Stellung der Bewohner des Gangleggs in der späten Eisenzeit. Zahlreich sind die keltischen Glasarmringe, Schmuck- und Bewaffnungselemente, Inschriftenfunde sowie importierte und einheimische Keramik. Die Siedlung fand mit der römischen Alpeneroberung 16/15 v. Chr. ihr Ende und wurde verlassen.


In der Spätantike (2. Hälfte 3. Jh. n. Chr.) kommt es zur letzten Besiedlungsphase am Ganglegg. Vermutlich aus Furcht vor den einfallenden germanischen Stämmen der Juthungen und Alamannen zog sich die römische Bevölkerung von der Via Claudia Augusta im Talboden auf die Hänge des Gangleggs zurück. Die wenigen Funde bezeugen lediglich eine kurze Benutzung.

Teil eines spätantiken Gebäudes  Römischer Sclüssel mit Löwenkopf für das links abgebildete Gebäude

Bilder: Teil eines spätantiken Gebäudes
Römischer Schlüssel mit Löwenkopf für das links abgebildete spätantike Gebäude (3. Jh. n. Chr.)


Die prähistorische Siedlung

Zum ersten Mal konnte in Südtirol eine Kuppensiedlung systematisch und großflächig untersucht werden. Um die sensationellen Ergebnisse der Grabungen einem interessierten Publikum zugänglich zu machen, wurde am Ganglegg eine großzügig angelegte prähistorische Siedlung eingerichtet. Die zahlreichen und sehr qualitätvollen Funde können im Vintschger Museum eingesehen werden.   

Informationen unter Tel +39 0473 615590 - Internetseite Vintschger Museum Schluderns

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